Schleiz, Deutschland. Unglaublich aber wahr: Toni Finsterbusch hat exakt ein Jahr nach seinem schlimmen Unfall auf dem Schleizer Dreieck wieder das Podest der IDM Superbike erreicht. Ausgerechnet auf der gleichen Strecke, an der 2022 seine Saison vorzeitig beendet war, holte er im ersten Lauf den zweiten Rang. Im zweiten Rennen verpasste er das Podest als Vierter um gerade einmal 76 Tausendstelsekunden an Meisterschaftsleader Florian Alt. Mit den Rängen sieben und fünf fuhr Rookie Jan-Ole Jähnig bei seinem Heimrennen sein bislang bestes Ergebnis in der Königsklasse der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft heraus. Rookie-Kollege Patrick „Pax“ Hobelsberger musste nach etlichen Zwischenfällen mit der Konkurrenz mit den Rängen zehn und neun vorlieb nehmen.

„Vor einem Jahr lag ich hier unten in der Seng – und jetzt stehe ich auf dem Podest“, sagte Toni Finsterbusch im Siegerinterview im Parc-Ferme mit Tränen in den Augen. Niemand konnte sich dem Krostitzer hier nicht nahe fühlen, im Hintergrund weinte seine Mutter mit und auch bei Teamchef Karsten Wolf flog die Sonnenbrille über die Augen, um die glasigen Augen zu kaschieren. Finsterbusch hätte fast noch die Sensation geschafft und den Meisterschaftsdominator Alt auf der Strecke schlagen können, denn in einigen Streckenabschnitten war der BMW-Pilot der deutlich schnellere Mann. Am Ende aber „begnügte“ sich FiBu mit Rang zwei auf dem Podest. Lediglich 0,076 Sekunden verwehrten ihm im zweiten Lauf eine Rückkehr auf das Podest und er wurde Vierter.

Jähnig zeigte in beiden Rennen, dass er immer weiter in die Superbike-Klasse hereinwächst. Der Thüringer kennt mittlerweile die Pirelli-Reifen besser und kann sich diese auch mehr für den Rennverlauf einteilen und konstanter Zeiten abrufen. Bereits im ersten Lauf holte er mit Rang sieben sein bislang bestes Ergebnis in der SBK1000, im zweiten Rennen toppte er seine Bestmarke noch einmal und wurde Fünfter.

Leider lief es bei Hobelsberger nicht wie gewünscht. In beiden Rennen hatte er mehrfach „Feindkontakt“ und musste teilweise weit, durch Kiesbetten und die Schleizer Felder fahren und sich dann wieder zurück kämpfen. Hätte, wäre, wenn… Dennoch fuhr der Bayer seine persönlichen Bestzeiten im letzten Renndrittel, war permanent und konstant auf Qualifying-Zeit-Niveau unterwegs und besonders im zweiten Rennen zeigte er auf den letzten vier Runden, was man von ihm noch erwarten darf: Er fuhr schneller als die vier Piloten, die an der Spitze um den Sieg kämpften.

Nach acht von 14 Meisterschaftsläufen liegt Patrick Hobelsberger auf demn fünften Gesamtrang der IDM Superbike. Er hat 92 Punkte auf dem Konto, Florian Alt ist mit 181 Zählern Erster. Finsterbusch liegt nun mit 80 Zählern direkt hinter Hobelsberger auf Platz sechs, Jähnig ist mit 47 Punkten Elfter.

Toni Finsterbusch:
„Ein sehr emotionales Wochenende. Ich persönlich hätte nie gedacht, dass es jetzt ausgerechnet in Schleiz so laufen wird, aber manche Sachen müssen vielleicht an gewissen Orten passieren. Ich hätte jetzt überall mit dem Podium gerechnet, aber bestimmt nicht in Schleiz. Ich bin hier eigentlich mit dem Ziel her gekommen, gesund wieder heim zu fahren und das habe ich dieses Jahr auch geschafft – und das noch mit zwei richtig geilen Rennen. Der zweite Platz im ersten Lauf war natürlich mehr als nur eine Entschädigung für die ganze harte Arbeit, um wieder dort sein zu können, wo ich jetzt bin. Ein Dank geht an das ganze Team, die haben einen fantastischen Job gemacht. Wenn wir da an letztes Jahr denken, ist das jetzt um 180 Grad gedreht und ich denke ich habe eine tadellose Leistung abliefern können. Natürlich werden wir uns darauf jetzt nicht ausruhen, denn es geht schon bald auf dem Red Bull Ring weiter und dort werden wir das Podium – vielleicht auch mal ein Doppelpodium – in Angriff nehmen.“

Jan-Ole Jähnig:
„Das war mein Heimrennen und ich bin auch gut ins Wochenende gekommen, konnte gleich eine ziemlich gute Pace fahren. Meine BMW M 1000 RR hat auch von Anfang an gepasst und wir mussten wirklich nur kleine Details anpassen. Die freien Trainings liefen problemlos und wir konnten alle davon nutzen, was sehr gut war, da das Schleizer Dreieck auf dem Superbike für mich ja auch eine neue Strecke ist. Das hat echt gut gepasst. Im Qualifying konnte ich eine gute Pace an den Tag legen. Ich hatte mir vorgenommen, mich im zweiten Quali noch etwas zu steigern, aber das war leider nicht drin. Ich bin noch mal eine ähnliche Zeit gefahren und das hat halt auch gezeigt, dass das die Pace ist und dass es für mich passt. Die Rennen am Sonntag sind für mich perfekt gelaufen, das hätte ich mir so nie erträumt, dass ich so weit vorne raus komme. Ich habe beide Male gute Starts erwischt. Im ersten Rennen bin ich gut mitgekommen, hintenraus hätte ich noch etwas schneller gekonnt, bin aber nicht am Kartheininger vorbei gekommen, daher Platz sieben. Ich bin mega happy aber auch bisschen enttäuscht, dass ich da nicht vorbei gekommen bin. Im zweiten Rennen ist durch das Reversed Grid ist natürlich alles ein bisschen anders – ich stand mit Position vier so weit vorne, wie noch nie. Ich bin gut weg gekommen, musste dann aber leider zwei Positionen her geben. Ich konnte dann aber auch zeitnah wieder einen Platz gut machen und ich war trotzdem wieder hinter Kartheininger. Irgendwann kam Toni vorbei und da konnte ich gut mit gehen und auch Kartheininger überholen. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass ich – vor allem – so lange an Toni dran bleiben kann. Und als Alt vorbei kam war ich selber etwas überrascht, dass das so lange gedauert hatte. Ich konnte noch mal kurz gegen halten und mit ihm fighten, aber er ist natürlich davon gefahren. Mit P7 und P5 bin ich super happy – perfektes Heimrenn-Wochenende. Vielen Dank an das gesamte Team und alle, die da waren, um mich zu unterstützen.“

Patrick Hobelsberger:
„Mir war im Vornherein klar, dass das Wochenende vom Gefühl her das schwierigste für mich werden würde. Ich war das letzte Mal 2021 zur IDM am Schleizer Dreick und habe eigentlich kaum Streckenerfahrung. Das haben wir ja in Oschersleben schon gesehen, dass es für mich nicht ganz so easy ist, wenn ich mit dem Superbike auf einer neuen Strecke bin. Somit war es einfach etwas tricky, speziell ohne Orientierungspunkte, wenn man nicht vorher trainieren kann. In den freien Trainings habe ich mich trotzdem in jeder der drei Sessions jeweils um eine Sekunde steigern können. Wir haben auch Teamintern sehr gepusht und Toni hat mich auch mal auf ein paar Runden gezogen. Tausend Dank an Toni dafür! Das hat mir echt etwas gebracht und war Weltklasse. Qualifyings sind bei mir generell immer schwierig, eine schnelle Runde zu fahren. Ich kann immer die gleiche Zeit im Rennen fahren, wie im Qualifying, aber eine schnelle raus hauen blieb mir wieder verwehrt. Wir hatten im zweiten Qualifying auch einen Sensor-Ausfall, als ich auf einer guten Runde war. Da musste aber das Bike fast komplett zerlegt werden, damit Ronny Schlieder das reparieren konnte. Im Warmup hat dann wieder alles super funktioniert, die Jungs haben Weltklasse gearbeitet. Im ersten Rennen war der Start sehr gut, aber in der ersten Kurve war ich im Sandwich zwischen Leonov und Kartheiniger und musste etwas früher vom Gas gehen. Damit habe ich einige Positionen verloren und wollte mich in der Schikane wieder vor arbeiten. Da habe ich aber einen Fehler gemacht und bin mit meinem Winglet am Heck von Kamil [Krzmien] hängen geblieben und musste gerade durch die Schikane durch und bin als vorletzter wieder auf die Strecke gekommen und. Musste mich erst wieder nach vorn arbeiten. Meine letzte Runde war meine schnellste Rennrunde und ich wurde Zehnter. Auf den letzten vier Runden war ich deutlich schneller als die vier Jungs, die um den Sieg gefahren sind und das hat mich extrem genervt. Im zweiten Lauf musste ich dann von Platz elf starten, weil Mackels hatte sich ja vor mir qualifiziert, war aber im Rennen ausgefallen. Ich konnte mich im Rennen an ihm vorbei arbeiten, auch an Soomer bin ich vorbei. Das war ein gutes Gefühl. Die Zeiten waren extrem schnell, ich bin zehn Mal 25,1 gefahren. Ich konnte mich bis auf den sechsten Platz nach vorn arbeiten und dann hat sich Mackels leider verbremst und ist mir in die Seite rein gefahren und ich musste wieder durch die Schikane durch. Ich kam als Neunter zurück. In den letzten drei Runden habe ich die Lücke wieder zufahren können, aber kam nicht mehr vorbei. Das hat mich extrem genervt, denn für mich war das der Wendepunkt des Wochenendes, auch weil ich vor Soomer war, gerade wegen der Meisterschaft. Das hat aber nicht sollen sein. Ich bin auf alle Fälle enttäuscht, was die Ergebnisse angeht. Meine Leistungen waren meiner Meinung nach gut, denn ich habe auf jeder Runde gekämpft wie Sau und nie locker gelassen. Ich hätte meinen Jungs gern bessere Ergebnisse geliefert. Ich habe mich aber extrem für Toni und sein Podest gefreut, nach seiner Verletzung im letzten Jahr. Wir drei, J-O, Toni und ich, geben mittlerweile ein richtig gutes Team ab und arbeiten extrem gut zusammen. Als nächstes kommt der Red Bull Ring, dort war ich trainieren, dort bin ich Top-fit und dort greifen wir an.“

Karsten Wolf:

Die meistgestellte Frage an dem Wochenende in Schleiz war sicher, ob ich zufrieden bin. Und meine Antwort ist ganz klar: Ja das bin ich. Zuerst Kompliment an meine Mannschaft, die in Schleiz die extra Energy ausgepackt hat, die die Rahmenbedingungen auf der Naturrennstrecke in Schleiz fordert, um erfolgreich zu sein. Nach allem, was im letzten Jahr und im Vorfeld passiert ist, war es nur wichtig Schleiz zu überleben und die Transformation zum Red Bull Ring zu schaffen, auf dem wir am letzten Jahr gefehlt haben. Die fahrerischen Qualitäten eines Toni Finsterbusch stehen sicher für sich, seine charakterlichen Stärken und mentale Kraft hat er nach dem Crash aus dem Vorjahr eindrucksvoll nachgewiesen. Ein Moment, der auch an mir nicht spurlos vorbei ging. Was alle total begeistert, ist die Lernkurve von Jan-Ole Jähnig, der nun aus der Stabilität der ersten Events bei seinem Heimrennen, und das sehr zur Freude der Fans, das erste Mal zur Attacke geblasen hat. Er ist so ein großes Talent, dem wir einfach nur alles abgenommen haben, was ihn behindert hat und ihm alles geben, was er braucht. Und Pax wird genau an Wochenenden wie diesen weiterwachsen. Auch er war das erste Mal mit der Superbike-Granate in den Thüringer Wäldern und Feldern unterwegs. Er musste in beiden Rennen haarige Rennsituationen überstehen, hat diese überragend gemanagt und sich jedes Mal nach vorn beziehungsweise zurück gekämpft. Dadurch sind die Podiumschancen bestens intakt und er kann nun in Österreich versuchen sein Potential und das der BMW M 1000 RR zu zeigen. Danke an die IDM und den Rennleiter für das zusätzliche Fahrermeeting. Die Superbike IDM Fahrer haben sich angriffslustig und spektakulär präsentiert und den vielen Zuschauern spannende Rennen geboten, fahren jedoch ohne besondere Vorkommnisse gesund nach Hause.“

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