Pirna, Deutschland. Nach einer erfolgreichen Saison 2023 wird sich bei GERT56 in der Fahreraufstellung für die Saison 2024 in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) nichts ändern: Erneut werden Patrick „Pax“ Hobelsberger, Toni Finsterbusch und Jan-Ole „J/O“ Jähnig auf der BMW M 1000 RR in der IDM Superbike an den Start gehen.

Die Zweijahresprogramme, die man bei GERT56 immer aufstellet, orientieren sich zuallererst an der Lebens- und Arbeitswelt der Teammitglieder und schaffen somit für alle Planungssicherheit. Sportlich gesehen ist es vielmehr das Ziel Fahrer und Bike auf jeder Strecke ein Entwicklungs- und ein Performancejahr zu bieten. Nach diesem Zeitraum hat man immer einen guten und repräsentativen Blick auf die sportliche Leistung der Aktiven, kann die Entwicklung von Bike und Team erkennen und bewerten und hat so immer eine Deadline zur Anpassung oder Kurskorrektur.

Nach einem anständigen Premierenjahr 2021 und einem von verheißungsvollen Podien zu Anfang der Saison und verheerenden Stürzen mit Verletzungen beider Fahrer zum Ende der Saison geprägten Jahr 2022, war es Zeit für eine Zäsur. Zum einen glättete man die logistische Struktur und verabschiedete sich von der Pro Superstock Abteilung, da die beiden Fahrer Rico Löwe und Jan Schmidt die Kombi an den Nagel hingen. Zum anderen schaffte man drei brandneue BMW M 1000 RR der neuesten Generation an und versah diese mit noch umfangreicherer Diagnostik, wie zum Beispiel Reifendrucksensoren. Zudem zündete Fahrwerkspartner mototech SPV rund um Rüdiger Kranz mit dem SPV2 Pro Ventil die nächste Raketenstufe in den Suspension Himmel.

Und sportlich? Das Haare raufen bei Team und Fans ob der Fahrerentscheidung von Teamchef Karsten Wolf ist zum Saisonende eher dem Fingernägelkauen und Freudentränen aufgrund der Gesamtperformance in den Rennen gewichen. Was kann ein Toni Finsterbusch nach der schweren Verletzung im Spätsommer seiner Karriere noch leisten? Wie verkraftet der blutjunge, aber mit Talent gesegnete, Jan Ole Jähnig den Umstieg auf einen Tausender, wo er doch zwei Jahre in der Supersport 600 ergebnistechnisch angestanden hat und auch die „Erdkunde“ ab und an zu seinen Lehreinheiten gehörte? Und wo und vor allem wie holt man einem vor Ehrgeiz und Elan sprühenden Patrick Hobelsberger am Tiefpunkt seiner Karriere ab und kann man ihm das Profil bieten, was er braucht? Und das Wichtigste: Kann dieses neue Fahrertrio Mechanismen und Umgangsformen entwickeln, die in das Wertegerüst von Gert56 passen und ist diese Mischung leistungsfördernd oder ist es wirklich das von „Insidern“ herbeigeredete Ende der Rennsportfamilie?

Als Team holten die GERT56-Mannen im Jahr 2023 einen Sieg, sieben zweite und zwei dritte Plätze. Hobelsberger punktete in allen 14 Läufen. Die Fahrerwahl war sowohl auf Teamseite, als auch bei den Piloten selbst daher kein großer Verhandlungsmarathon. Auch 2023 werden Hobelsberger, Finsterbusch und Jähnig mit den durch RS Speedbikes aufgebauten BMW-Maschinen unterwegs sein.

Toni Finsterbusch

„Ich bleibe, weil es mir nach wie vor mega viel Spaß macht, Rennen zu fahren und weil das Umfeld für mich nicht besser sein könnte. Der Vorteil ist, dass es für mich mittlerweile wie eine Familie ist. Ich kann mich voll und ganz auf die Jungs und Mädels verlassen – egal, wer das ist. Abseits der Rennwochenenden haben wir auch mega viel Spaß. Die Arbeit, die da drin steckt, kann ich, glaube ich, auch ganz gut mit Leistungen zurück geben. Bei GERT56 macht den Unterschied, dass sich hier auch jeder dem anderen den Erfolg gönnt, auch wenn es eine Einzelsportart ist. Sowohl J/O, als auch Pax – wir helfen uns alle gegenseitig, ziehen uns auch mal und profitieren so alle untereinander. Für nächstes Jahr ist mein Ziel: Gut durchkommen, vielleicht weniger ausfallen – also nicht selbst stürzten oder abgeschossen werden – und dann gesund durch kommen. Wenn wir das schaffen, denke ich, werden wir am Ende auch wieder ganz gut da stehen.

Jan Ole

„Ich freue mich, 2024 wieder anzugreifen. Das Jahr lief einfach super, wir hatten kaum Probleme, keine technischen Defekte, meiner Crew kann ich blind vertrauen. Das war ein Super-Jahr und ich hoffe, dass es 24 so weiter geht. Das war ja eigentlich auch von Anfang an so geplant zwei Jahre zu fahren, mindestens. Den Unterschied mach bei GERT56 der familiäre Zusammenhalt und der echt enge Kontakt zu den Teamkollegen aus. Der Datenaustausch ist immer viel wert, besonders als Rookie wie mich. Als Ziel würde ich für nächstes Jahr mal konstant die Top-Ten anpeilen wollen und ich möchte auf allen Strecken besser werden.

Patrick Hobelsberger

Ich bleibe bei GERT56, weil ich in meiner Karriere noch nie die Möglichkeit hatte, zwei Jahre in einem Team zu bleiben. Das wollte ich aber schon immer. Gefühlt habe ich jedes Jahr immer wieder von Null anfangen müssen und das hat mich immer genervt. Du konntest nie aus der Vorsaison eine Basis mit ins neue Jahr nehmen und im Winter daran feilen. Ronny [Schlieder, Crewchief] ist ein Perfektionist wie ich und wir passen sehr gut zusammen. Daher bin ich mir sicher, dass wir als Team das Paket noch mal feinschleifen können. Da bin ich fest davon überzeugt. KW hat mir auch die Unterstützung für meine privaten Wintertests zugesagt und das war ein weiterer Grund im Team zu bleiben. GERT56 ist halt ein Privatteam und kann die Tests daher nicht so absolvieren, wie ich mir das wünschen würde, aber sie unterstützen mich mit Teilen und Support, Rat und Tat. Eine Frage, die mir oft gestellt wird, ist, welche Vorteile man bei GERT56 hat. Ich war schon in vielen Teams unterwegs, leider, auch schon bei einem Team, die sind Weltmeister geworden. Bei GERT56 hast du halt eine ganz andere Atmosphäre, nicht als ob man Rennen fahren würde, sondern auf ein Familienfest geht. Mit ein paar Spezeln am Wochenende Moped fahren. Das ist eine sehr gute Basis, mit allen Leuten in der Mannschaft, ein freundschaftlicher Haufen. Mir ist das Umfeld immer wichtig, denn wenn das funktioniert, kann man sehr viel möglich machen. Wenn das nicht funktioniert, bekommt man schnell Probleme, aber bei GERT56 klappt das. Probleme wurden in 100-Prozent der Fälle immer beseitigt worden – egal ob Technisch oder Orga. KW kümmert sich nicht um die Technische Seite, geht daher ganz anders auf Sponsoren und Fahrer ein. Das hat mir in vielen Punkten auch geholfen, Dinge lockerer und entspannter anzugehen und auch Probleme mit ihm zu besprechen. Das ist ein richtiger Vorteil – KW ist nicht ein Teamchef, wie man ihn kennt, sondern er agiert und hilft ganz anders. Meine Ziele 2024? Die sind ziemlich klar gesteckt. Dadurch, dass ich ein weiteres Jahr IDM Superbike fahre und dieses Jahr schon Dritter geworden bin, will ich um die deutsche Meisterschaft kämpfen. Dieses Jahr habe ich schon bis zum letzten Rennen um den Titel gekämpft, jetzt ist das Ziel das Ding zu gewinnen. Der Winter wird fahrerisch und technisch einiges bringen, da bin ich mir sicher. Ich habe einiges geplant, auch mit Peter Sebestyen, meinem Riding-Coach. Der hat mir in Assen und Hockenheim schon viel geholfen, aber jetzt kommt auch die Zeit wo man die Zeit hat, da noch mehr umzusetzen. Die Potenziale vom Team und Motorrad sind vorhanden. Mit dem Motorrad von GERT56, wie es in Hockenheim und Assen war, kann man gewinnen. Das habe ich ja auch gezeigt. Ich bin mir sicher, dass man mit der BMW M 1000 RR GERT56 um die Meisterschaft fahren kann, davon bin ich fest überzeugt – auch wenn man schaut, welch gute Leistungen Toni und J/O gezeigt haben.

Karsten Wolf:
Es sind nicht nur die zehn Podiumsplatzierungen und es ist nicht nur der dritte Gesamtrang in der Meisterschaft und der erste Renn-Sieg durch Pax Hobelsberger für GERT56, der ergebnistechnisch alle Fragen beantwortet. Es ist der Umstand, wie wir Rennen fahren, wie wir diese in uns wohnende Leidenschaft vom Teamchef, über die Techniker mit den Fahrern auf die Strecke und dann weiter auf die Tribünen und Bildschirme transportieren. Die drei Piloten haben schnell verstanden, dass gemeinsames Arbeiten dem Individualerfolg dienlich ist. Sie haben sich Zeit genommen und sich kennengelernt und die von außen hereingetragenen Vorurteile wichen schnell einem sehr respektvollen und entspannten Umgang, der der ambitionierten aber stets fröhlichen Truppe aus Pirna eh innewohnt.

Um es kurz zu machen – alle drei Fahrer bleiben auch im Jahr 2024 bei GERT56! Einer der Punkte, die alle drei Fahrer als Grund für ein weiteres GERT56-Jahr genannt haben, war das Bleiben der jeweils anderen beiden Teamkollegen. Wenn wir es als Mannschaft verstehen verschiedene Charaktere zusammenzuführen und diesen Spirit noch in Ergebnisse und Spaß umzusetzen, dann scheint die „Rennsportfamilie“ immer noch in Takt zu sein. Und so werden in meinem Kopf nicht nur die Bilder der hochgereckten Pokale bleiben, sondern vor allem die Szene vor dem Podium in Assen, wo ein in diesem Rennen geschlagener Toni Finsterbusch zum Podium stürmt und seinen beiden Teamkollegen zu deren Erfolgen gratuliert.

Ein weiter Grund war, dass alle erkannt haben, dass man bei der Entwicklung des Bikes in Richtung Saisonende große Fortschritte gemacht hat, die sich dann sofort auch ergebnistechnisch auswirkten. Pünktlich zu der von mir nach wie vor kritisierten Abschaffung des Reverse Grid, haben es die Techniker rund um die Crew Chiefs Ronny Schlieder, Holger Homfeldt und Ex-IDM Piloten Filip Altendorfer verstanden, den neuen Reifen besser auszunutzen, was sich in stark verbesserten Qualifyings und Startphasen widerspiegelte.

Spitzenfahrer kann man sicher mit einem guten Gehalt oder besonderen Zuwendungen bekommen. In dieser Position sind wir als Privatem nicht und können nur unsere Qualität, unsere Expertise und diesen Willen Rennen zu gewinnen in die Waagschale werfen.

In den nächsten Wochen stehen nun die Vorbereitungen und Planungen für die neue Saison an. Ganz wichtig dabei sind die Gespräche mit Partner BMW Motorrad weiterzuführen, die bereits in Hockenheim eine sehr erfreuliche Richtung erhalten haben. Wir fühlen uns in der Kundensportrolle sehr wohl und ich denke beide Seiten können mit dem Status aus enger Partnerschaft zum Hersteller und Selbstbestimmtheit des Teams sehr gut leben. Zudem müssen Fahrzeuge und Equipment revidiert und optimiert werden. Wichtig ist die Erarbeitung eines Trainingsplans für den Winter und die Saison, der effektiv und kostengünstig ist.

Ganz zum Schluss noch eine Anekdote, wie solche Entscheidungen „wirklich“ laufen. Der kesse JO (Jan-Ole Jähnig) fragte Toni Finsterbusch in einer abendlich lockeren Runde, ob er noch ein Jahr dranhängt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die beiden eng befreundet sind, viel zusammen trainieren und unternehmen und gerade Tonis Mentor- oder „großer Bruder Rolle“ für Jan Oles Entwicklung so wichtig war und ist. Auf diese hatte es JO jedoch diesmal nicht abgesehen, sondern auf die komfortable Mitfahrgelegenheit in Tonis Wohnmobil. Unter schallendem Gelächter aller sagte er in seiner trockenen sächsischen Art: „Toni du kannst doch nicht aufhören, ich weiß doch sonst gar nicht, wo ich übernachten soll!“. Die Fahrerwahl kann doch so einfach sein.

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