Oschersleben, Deutschland. In der Motorsport Arena Oschersleben, dem motorsportlichen Wohnzimmer von GERT56, fand am Wochenende die zweite Saisonstation der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) 2024 statt. Toni Finsterbusch und Jan-Ole Jähnig konnten mit ihren BMW M 1000 RR Maschinen satt punkten. Für Patrick Hobelsberger avancierte das Wochenende zum Desaster.

Als sich über der Motorsportarena Oschersleben dunkle Wolken vor dem IDM-Wochenende zusammenzogen, musste man mit dem Schlimmsten rechnen. Wettertechnisch blieb das Chaos aus, doch bei der GERT56 Truppe aus dem sächsischen Pirna schlug gleich mehrfach der Blitz ein.

Patrick „PAX“ Hobelsberger war als Meisterschaftsführender und mit guten Testzeiten im Gepäck voller Optimismus in die Börde gereist. Nach Platz sechs in Rennen 1 und einer Disqualifikation im Nachmittagsrennen reiste er aber auch mit nahezu leeren Händen wieder ab. Nicht nur die Meisterschaftsführung war dahin, auch der Abstand von 20 Punkten zu Vorjahressieger Alt ist schon mal eine Herausforderung.

Bereits im FP1 schlug es kurz ein, als der Bayer Hobelsberger von der Strecke abkam und ihm eine durchgeweichte Stelle zum Verhängnis wurde. Die Schäden waren überschaubar, doch in FP2 traten an seiner BMW M 1000 RR erste technische Probleme auf. Seine Crew rund um den technischen Leiter Ronny Schlieder wechselten daraufhin alle Teile wo Benzin und Strom durchfließen: Einspritzung, Benzinpumpe und Kabelbaum. Danke an dieser Stelle an das Team RR SOCIA Racing für die uneigennützige Hilfe bei den Teilen. Als es dann zum Superpole Pre-Practice ging, stimmte die Performance mit Platz vier wieder. Doch Hobelsberger verwandelte das Sportgerät kurz vor Ende der Sitzung in einen veritablen Schrotthaufen. Eingangs der ehemaligen Shell-Esses hatte er den Vorderreifen ein wenig überpusht und das Vorderrad war ihm weg gerutscht. Das Superbike aus München wurde in Richtung Erdumlaufbahn geschickte. Das verschaffte den Mechanikern von GERT56 keine schlaflosen Nächte, aber einen späten Feierabend.  Mit Platz fünf für Toni Finsterbusch und Platz sieben für Jan-Ole Jähnig schloss man diesen anstrengenden Tag versöhnlich ab und hatte alle drei Piloten direkt in der Superpole 2. Erstes Ziel erfüllt!

Was darauf folgte war die 15-minütige Superpole am Samstag. Während sich ein bestens aufgelegter Routinier Finsterbusch grandios in die erste Startreihe katapultierte, konnte man sich auch über den Altenburger Jähnig freuen, der mit viel Einsatz sein bisher bestes Trainingsergebnis mit Rang fünf herausfuhr.

Bei Hobelsberger nahm Drama Teil 2 seinen Lauf. Aufgrund des Sturzes fehlte ein neuer Reifen und so fuhr er die Session mit einem gebrauchten Pneu und 26-iger Rundenzeiten an, wechselte zur Halbzeit und wollte dann wieder auf die Strecke. Seine Maschine sprang nicht sofort an und als er dann endlich auf seiner schnellsten fliegenden Runde war, schaltete der Rennleiter für ein entfernt im Kiesbett liegendes Motorrad und einen unverletzten Fahrer rot und brach die Session ab. Ergebnis war ein 14. Startplatz für beide Rennen und Unverständnis für die diese Entscheidung bei Fahrer und Team. In Rennen 1 am Sonntagvormittag kämpfte sich Pax bis auf Rang sechs vor. Getoppt wurde das aber durch eine grandiose Leistung von Jähnig, der sich mit Platz vier nicht nur in den Top-10 etablierte, sondern sauber in Richtung Podium arbeitet. Der zehnte Platz von Finsterbusch läuft ganz klar unter „Shit Happens“. Erst hat es den SCX Reifen aufgefressen und dann der Rest den Toni. Fazit: Schadensbegrenzung Pax okay, Toni so naja und JO sehr geil!

Dann der zweite Lauf. Hobelsberger landete nach Frühstart am Anfang auf Platz fünf, doch für das Start-Vergehen gab es eine Double Long Lap Penalty. Hobelsberger fuhr die erste Strafe ab und hielt Platz fünf, bei der zweiten Strafe kam er noch als Siebter zurück auf die reguläre Linie. Doch ein Mitbewerber war in diesem Sektor gestürzt und unter gelb ist die Absolvierung der Long Lap Penalty gesperrt. Dieser Passus war aufgrund der Seltenheit weder Team noch Fahrer bekannt. Und so nahm das Unheil seinen Lauf. Mit der nochmaligen Aufforderung zu einer weiteren LLP konnte Hobelsberger nichts anfangen. Damit wurde ihm eine Durchfahrtstrafe und schließlich die schwarze Flagge und damit null Punkte aufgebrummt. Ein völlig frustrierter Hobelsberger reist nun mit 19 Punkten Rückstand nach Most, hat aber beim Einsteigen ins Wohnmobil zu einer Aufholjagd in Most eingeladen.

Finsterbusch zeigte in Rennen zwei mit dem richtigen Reifen sein Potential, war lange in Kontakt mit der Spitze und bestätigte sein Vorjahresergebnis mit einem hervorragenden vierten Rang. Jan-Ole Jähnig war aber der herausragende GERT56-Pilot an diesem Wochenende. Im Vorjahr noch ohne Punkte aus Oschersleben abgereist, fuhr er 2024 in Rennen zwei mit Rang sechs eine weitere Top-Platzierung ein. Finsterbusch mit seiner Erfahrenheit und Konstanz und Jähnig mit seiner Unbekümmertheit sind nicht nur außerordentliche Rennfahrer, sondern auch starke Charaktere und Teamplayer, standen sie doch in diesen schwierige Stunden ihrem Teamkollegen Hobelsberger zur Seite!

Nach vier von 14 Rennen liegt Hobelsberger in der Meisterschaft auf Rang vier und hat 51 Punkte auf dem Konto, 19 weniger als Leader Alt. Teamkollege Finsterbusch ist mit nur einem Zähler weniger als Hobelsberger Fünfter. Jähnig ist Siebter und hat 36 Zähler auf dem Konto.

Patrick Hobelsberger:

„Ich habe fast keine Worte dafür, was am Sonntag passiert ist, das zweite Rennen war einfach nur ein Drama. Am Start habe ich einen Fehler gemacht und bin klar mit einem Frühstart losgefahren. Ich habe auf das Board gewartet, damit ich die Double-Long-Lap-Penalty antreten kann und bin dann auch zwei Mal da durch gefahren. Doch das Board blieb draußen und ich wusste nicht warum. Eine meiner LLPs habe ich wohl unter einer gelben Flagge in Turn 1 gemacht. Anstatt mir zu zeigen, dass ich noch mal eine LLP fahren muss, blieb das Board von Anfang an unverändert und hängen. Woher sollte ich wissen, dass ich dort noch mal durch soll? Soll ich mir bei 280 das Reglement durchlesen und schauen, warum das so ist? Sie haben mir dann eine Ride-Through-Penalty gegeben und mich schließlich disqualifiziert, weil ich weiter gefahren bin. Sie haben den Meisterschaftsführenden wegen einer nicht korrekten Long-Lap-Penalty aus dem Rennen genommen. Und das in der letzten Runde des Rennens, ohne mir die Möglichkeit zu geben, das Rennen zu Ende zu fahren und mich erklären zu können. Dann hätte man mich auch nachträglich noch bestrafen können, wie Florian Alt am Sachsenring mit drei Positionen zurück oder so. Warum gab es keine Zeitstrafe? Mir wurde das Rennen ganz am Schluss aus den Händen gerissen und ich konnte nichts dafür und muss nun null Punkte akzeptieren. Mir fehlen die Worte. Einen jungen Racer, der sein ganzes Leben, seine ganze Energie und Motivation in diesen Sport steckt, um weiter nach vorn zu kommen, macht mich einfach sprachlos. Warum soll ich nächste Woche wieder 110 Prozent in alles investieren? Warum soll ich weiter so hart trainieren und ständige Entbehrungen hinnehmen? Wenn dann Rennen so entschieden werden, ohne die Chance sich zu rechtfertigen und man einfach disqualifiziert wird. Nach zwei richtig heftigen Stürzen, habe ich mich das ganze Wochenende durch die Schmerzen gekämpft. Ich habe nie aufgegeben und dann steht da so ein Resultat auf dem Zettel, welches weder das Team, noch ich verdient haben und was auch nicht den ganzen Erfolgswillen von uns allen gerecht wird. Ich weiß, wo ich hingehöre und wir kommen zurück!“

Toni Finsterbusch:
Mit meinem Qualifying und Platz drei war ich sehr zufrieden, denn ich habe die Runde allein und ohne mich ziehen zu lassen gefahren. Klar, ich habe natürlich auch etwas vom Pech von Pax profitiert. Im ersten Rennen ist mir leider nach acht Runden komplett der Hinterreifen eingegangen, da wissen wir auch nicht warum. Freitag/Samstag sind wir 18 Runden darauf gefahren und da sah er gut aus. Ich bin dann von Platz drei ab Rennmitte wie ein Stein auf Platz zehn durchgereicht worden. Rennen zwei war deutlich besser, ich habe mich vor dem Start allerdings dazu entschieden doch auf den SC0 Reifen zu gehen, einfach aus Sicherheit. Am Anfang konnte ich gut vorn mithalten und war auch paar Mal in Führung. Auf den letzten Runden hatte ich dann mit meinem Arm zu kämpfen, als Ilya vorbei kam. Ich hatte auch ein paar Warnsignale und da habe ich lieber die Punkte für Platz vier mitgenommen. An sich bin ich mit dem Wochenende zufrieden, wenn auch sicherlich mehr drin gewesen wäre.

 

Jan-Ole Jähnig:
Das Wochenende verlief alles in allem viel besser als erwartet. Ich war da relativ skeptisch ran gegangen, weil es letztes Jahr eigentlich unter aller Sau lief. Dieses Jahr sind wir einen Tag testen gewesen vorher und sind dann auch gut ins Wochenende gekommen. Das Wetter war ja dann aber viel besser, als vorher gesagt. Mit P5 im Qualifying war ich mega-happy. Aber dann natürlich auch sehr aufgeregt, so aus Reihe zwei. Im ersten Rennen habe ich einen Super-Start erwischt und ich konnte mich als Dritter einsortieren und vorn eine Weile mit fahren. Dann ist ein bisschen eine Lücke aufgegangen und ich habe noch ein paar kleine Fehler gemacht und hatte hart zu kämpfen. Das hat aber echt Spaß gemacht. Das war echt ein gutes Rennen, auch wenn wir das Podium nicht erreicht haben. Im zweiten Rennen habe ich keinen guten Start erwischt und bin auch nicht in meinen Rhythmus gekommen. Am Ende war es dann trotzdem Platz sechs und wir haben ordentlich Punkte mitgenommen. Schauen wir jetzt mal, was in Most geht.

Karsten Wolf:
Wer jetzt glaubt, ich beginne mit den Vorgängen von Rennen zwei der irrt gewaltig. Es ist schon schlimm genug, wenn die Ereignisse einen entfesselt fahrenden Jan-Ole Jähnig, der gemeinsam mit seiner Abteilung eine Entwicklung nimmt, die ihn, das Team und die Fans Gleichmaßen erfreut. Der Kontakt zur Spitze in der IDM ist da und nun gilt es sich in dieser Spitze zu etablieren, sie zu studieren und sie dann mit seinen von Talent gesegneten Fähigkeiten zu schlagen.

Wie wichtig ein Toni Finsterbusch für das Team ist, können vielleicht Außenstehende gar nicht einschätzen. Wie er mit seinen Top Platzierungen seine individuelle Stärke zeigt, aber auch ohne Helm seine jungen Team-Mates stabilisiert, ist faszinierend. Meinungsstark und gefühlvoll zugleich ist er mit allen Mannschaftsteilen im Austausch, ist ansprechbar für Fans, Partner und Sponsoren und nachdem er sicher schon viel in seinem Leben gewonnen hat, ist seine neue Leichtigkeit für alle ein Gewinn. Als es bei der Anreise regnete, kamen viele andere schimpfend entgegen, worauf ich erwiderte: „Geil, es ist Finsterbusch Wetter!“. Ich lege mich fest. Er wird in diesem Jahr noch Rennen gewinnen.

Im Bericht steht ja nun, was passiert ist und ich soll das jetzt bewerten. Was soll ich sagen? Etwas politisch Korrektes, damit uns in Zukunft keine Nachteile entstehen? Das nimmt mir mein Team nicht ab und widerspricht meinen Werten. Vielleicht das, was die Fans und die sozialen Medien in ihre Aufgeregtheit hören wollen? Dem würden vielen Fakten und Informationen fehlen, die wir ja als Betroffene vor Ort haben und es würden einigen Personen und ihren Bemühungen nicht gerecht werden. Die Frage ist doch: Wird das Reglement mit seinen Auslegungen und die Möglichkeiten die, die Rennleitung hat, dem gerecht, was die Fahrer und Team zu leisten imstande sind?

Frühstart unser Fehler! Bestrafung DLLP völlig in Ordnung. Beide sofort angetreten innerhalb von fünf Runden, davon die letzte unter gelb in diesem Sektor – unser Fehler – Punkt! Eine LLP unter gelb zieht eine weiter LLP innerhalb von 3 Runden nach sich. Doch jetzt kommts. Klar wird das Schild DLLP weiter rausgehalten, doch wie soll der Fahrer erkennen, dass er einen Fehler gemacht hat und nochmal durch die Kurve muss und wie soll ihm das Team das in dieser kurzen Zeit mitteilen. Die darauf folgende Durchfahrtsstrafe mit anschließender schwarzer Flagge bewerten das Nichtnochmalige Antreten der LLP als Absicht. Was für ein Schwachsinn, denn seine zwei gefahrenen LLP haben ihm gerade zwei Plätze gekostet und auch eine dritte hätte ihn im Spiel um eine Top Platzierung gehalten. Man unterstellt ihm also diese Absicht, nachdem er schon zweimal durchgeballert ist, nimmt ihn aus dem Rennen, alle Punkte und greift aktiv in den Meisterkampf ein. Jeder der mich kennt, weiß, dass wir nach Siegen richtig feiern können, bei Niederlagen auf der Strecke uns aber stets fair und anständig zur Sache und zu unseren Mitbewerbern positionieren. Klar gibt es ein Reglement und darin finden sich Regularien, zu denen wir uns vollumfänglich bekennen. Es ist aber, wie mit allen Gesetzeswerken: sie sind weder vollumfänglich und einige Formulieren lassen Deutungsspielraum. Für diesen Bereich sagt das Reglement: „…oder eine Ersatzstrafe durch den Race Director…“.
Meines Wissens gab es in 2023 in beidem Premiumklassen SSP/SBK weder eine LLP, noch eine DLLP und schon gar keine LLP unter gelb. Selbst der Rennleiter spricht von einem seltenen Ereignis. Hier den Deutungsspielraum zu nutzen, eine Ersatzstrafe zu verhängen (+LLP-Zeit dazu nach Rennende), um dann alle Teilnehmer im nächsten Briefing darauf aufmerksam zu machen wäre Ansatz eins. Ansatz zwei wäre, technische Möglichkeiten zu schaffen, um Fahrern und Teams einen fehlerhafte LLP geeignet und sicher zu kommunizieren. Dafür würde man sicher schnelle gemeinsame Wege finden.

Basis für unseres Engagements mit GERT56 war immer auf Plattformen zu fahren, wo Gleichbehandlung aller Wettbewerber oberstes Gebot ist. Dieses Gefühl haben wir aktuell aufgrund verschiedener Vorkommnisse bei der IDM und ihrem permanenten Race Director nicht. Sollte dies am Ende der Saison immer noch so sein, gilt es daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

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