GERT56 wird 2023 in der IDM Superbike weiterhin auf Toni Finsterbusch setzen. Zu seiner Erfahrung gesellen sich zwei Klassen-Rookies: Jan-Ole Jähnig und Patrick Hobelsberger.


Noch in Hockenheim beim IDM Finale präsentierte sich GERT56 nach dem Seuchenjahr mit den Verletzungen von Julian Puffe und Toni Finsterbusch in der Verfassung, in der man sich die gesamte Saison präsentierte: Mit einem weiteren starken Podium und dem zweiten Platz von Gaststarter Dominik Vincon. Der Besuch der beiden Stammpiloten ließ darauf schließen, dass man – die vollständige Genesung vorausgesetzt – mit dem gleichen Personal in die IDM Saison 2023 gehen würde. Schon die Ankündigung eines dritten Superbikes ließ die Gerüchteküche hochkochen. Der am meisten genannte Name Jan-Ole Jähnig ist es nun auch schlussendlich geworden. Er ist mit beiden Stammpiloten eng befreundet und auch Teamchef Karsten Wolf hat die Karriere des 21-jährigen Altenburgers die letzten zwei Jahre verfolgt und viele Gespräche mit ihm geführt.

„Wir halten Jan-Ole für eines der größten Talente im deutschen Motorsport“, so Teamchef Karsten Wolf. „Sein Durchmarsch durch die Nachwuchsklassen bis hin zum 600er IDM Superstockvize war beeindruckend. In den beiden letzten Jahren in der IDM Supersport wechselten sich Glanzleistungen mit Rückschlägen und Stürzen ab, die noch bessere Gesamtergebnisse verhinderten. Beruf, Teamchef, Mechaniker, Logistiker und Kümmerer in Personalunion zu sein ist für einen jungen Rennfahrer nicht leistungsfördernd. Er kommt in Zukunft mit Helm und Tasche in die GERT56 Box und taucht dann in den Betreuungsmodus ein und hat dort nur eine Aufgabe – Rennen fahren. Jetzt könnte man lamentieren, nach dem Motto ‚im ersten Jahr haben wir keine großen Erwartungen‘. So sind wir nicht, so ist JO nicht. Das Ziel sollten im ersten Rennen immer die Top 9 sein, um das Reversed-Grid auszunutzen. Realistisch sehen wir JO beständig zwischen P5 und P10. Durch seine menschliche und regionale Nähe zu Toni Finsterbusch werden die beiden sich gemeinsam um ihre Fitness kümmern und auch die ‚Superbike Fahrschule‘ durchführen – das erste Mal im November in Cartagena bei der Moto Racing School, denen wir herzlich für die Möglichkeit danken und bei der die Beiden über das Jahr auch als Instruktoren tätig sein werden.“

Die jetzige Verpflichtung von Superport WM-Pilot Patrick PAX Hobelsberger und die Freistellung von Julian Puffe erinnert dann doch schon etwas an Götterdämmerung bei GERT56. Die Truppe aus Pirna gilt von jeher als risiko- und entscheidungsfreudig, aber eben auch als loyal und familiär. Wie passt das alles zusammen? 

Teamchef Karsten Wolf dazu: „Die Gesamtbetrachtung der Zusammenarbeit mit Julian Puffe in den letzten beiden Jahren und auch vorher in der EWC fällt überaus positiv aus. Wir haben ihn 2021 am Tiefpunkt seiner Karriere und Gesamt-Platz 13 von Honda übernommen, obwohl wir kein Bike für Ihn hatten und er nur für drei Wildcards vorgesehen war. Und das zu einem Zeitpunkt, wo für ihn alle Türen zu waren und er keine Optionen auf einen IDM-Platz hatte. Durch die krankheitsbedingte Absage von Lucy Glöckner war er für 2021 Stammpilot und brachte im ersten IDM Jahr respektable Ergebnisse. Das Jahr 2022 und der Wechsel der Fahrwerkskomponenten beschertem ihm vier Podien und Rang sieben in der Endabrechnung. Ein Trainingssturz in Assen ließ den sicher geglaubten dritten Platz in der Meisterschaft dahinschwinden und auch das erklärte Saisonziel von GERT56 löste sich in Luft auf.“

„Fakt ist aber auch, dass Toni Finsterbusch in den gemeinsamen Rennen die besseren Rennergebnisse einfuhr und dabei das Potential der GERT56 BMW M 1000 RR nicht einmal ausgereizt scheint. Nach Rücksprache mit Cheftechnikern und Fahrwerksleuten, sind wir aber offensichtlich nicht in der Lage Julian das technische Paket und Setup bereitzustellen, um einen Schritt nach vorne zu machen und bessere Ergebnisse, als die diesjährigen einzufahren. Diese Erkenntnis und der neue Anspruch, um die Meisterschaft mitzufahren, vertragen sich nicht wirklich.“

„Sollten die Realitäten im Frühjahr hinsichtlich der vollständigen Fitness bei Julian nicht ausreichend sein und mir sportlich keinerlei Optionen mehr zu Verfügung stehen, könnte man mir Dummheit und Unprofessionalität vorwerfen. Ich kann also wählen zwischen Pest und Seuche. Zudem ist es fair, wenn alle früh Bescheid wissen, um sich neu zu orientieren. Julian hat sich als absoluter Teamplayer und stets professioneller Rennfahrer präsentiert. Seine Emotionalität in alle Richtungen zeigt, dass ihm die Dinge nicht gleichgültig sind. Wir werden ihn in der Box vermissen, wünschen ihm auf seinem Weg alles Gute und sagen Danke für viele gute Jahre!“

„Der Anruf von Patrick Hobelsberger kam postwendend, nach dem von ihm selbst und im Einvernehmen mit Kallio Racing gewählten Aus in der Supersport WM. Dass wir dabei seine erste Option waren und er das BMW Superbike zu seinem neuen Sportgerät auserkoren hat, freut uns und das Haus BMW Motorrad gleichermaßen“, so Wolf weiter

Über ein paar Telefonate fand man schnell eine gemeinsame Sprache und so saß Wolf wenige Tage später am massiven Eichentisch des elterlichen Zimmereibetriebes der Hobelsbergers. Der Wunsch die Katze nicht im Sack zu kaufen und sich kennen zu lernen bestand auf beiden Seiten und so konnten an diesem Abend schon die ersten „dicken Bretter“ gebohrt werden. Dem Wunsch nach einem eigenen T-Bike noch im November, der eigenständige Testbetrieb im Winter in Spanien, sowie die kaufmännischen und logistischen Rahmenbedingungen wurden schnell in eine gemeinsame Richtung vorangetrieben. Technische Fragen wurden direkt zwischen PAX und GERT56 Mastermind Ronny Schlieder geklärt, der ihn in der IDM auch als Crewchief betreuen wird.“

„PAX hatte sicher in der Supersport WM kein glückliches Jahr“, so Wolf „Doch habe ich natürlich mitbekommen, wie er 2021 in der IDM Supersport alle gebügelt hat. Sein Auftritt in Most dieses Jahr unter Schmerzen und sein Gaststart auf dem Red Bull Ring haben gezeigt, was er für eine Granate er ist. Mir hat in den Gesprächen sehr imponiert, dass er sich (ich glaube, das sagt man in Bayern so) ‚um gar nix scheißt‘, mit Anstand und Würde zu seinem Ex-Team die Supersportsache beendet hat und trotzdem den Kompass sofort brutal auf Neuanfang stellt. Zweifeln überlässt er, glaube ich, auch gern den anderen, sein Ding ist das eher nicht. Er ist extrem fokussiert und strukturiert in der Vorbereitung und Durchführung seiner Projekte und dabei leicht fordernd. Ist nicht so schlimm, dann sind wir halt leicht fordernd beim Liefern von Ergebnissen.“

„Und trotzdem rate ich seiner Fanbase und dem ihm freundlich zugewandten Umfeld zur optimistischen Besonnenheit“, sagt Wolf weiter. „Zum Einen reden wir von einem Klassenwechsel, dass kann sofort funktionieren, muss es aber nicht. Dann muss du dieses Jahr mit all dem Pech, Stürzen und Verletzungen aus dem Kopf bekommen und schlussendlich trifft er in der SBK1000 auch auf keine Nasenbohrer. PAX ist ein starker Individualsportler, er muss sich im Wertesystem GERT56 und dem noch aus der Endurance herrührenden Teamgedanken erst einfinden. Sich hinter gemeinsamen Zielen aufzustellen, erzeugt gemeinsames Handeln und dies bildet wiederum die Basis für den individuellen Erfolg. Wenn er das versteht und konsequent für sich nutzt, wird er mit uns erfolgreich sein.“

„Mit Toni Finsterbusch hat er einen Teamkollegen, der sich durch alle Klassen auf Top Niveau gekämpft hat, ein Ästhet unter den Superbikern ist und eine ‚Sau auf der Bremse‘. Er hat den Charakter, seine eignen Ziele konsequent zu verfolgen, aber die Klasse und Größe,  JO und PAX an das Superbike und die BMW M 1000 RR heranzuführen. Das Ziel, alle drei Piloten in einer Range zu haben, ist unser Anspruch. Lässt es doch zum Einen, einen guten Datenvergleich zu und zum Anderen erwachsen daraus natürlich auch taktische Möglichkeiten in der Renn- und Saisongestaltung.“

„Was haben wir? GERT56 ist ein starkes, breit aufgestelltes und von BMW Motorrad unterstütztes Kundensportteam und erster strategischer Backup für den Werkseinsatz von alpha racing. Dass wir seit 2010 loyal hinter der bayrischen Marke stehen, findet seine Wertschätzung und gerade die Kommunikation mit den Verantwortlichen von BMW Motorrad hat sich seit unserem IDM Einstieg massiv verbessert. Zudem pflegen wir ein brillantes Verhältnis zum Team von Werner Daemen, der uns noch nie einen Handschlag verwehrt hat. Hauptausstatter alpha racing hat ganze Arbeit geleistet und so stehen Ende Oktober alle drei Rolling Chassis inklusive Erstausstattung für die Saison in der Werkstatt in Pirna und warten auf fleißige Schrauberhände und spezifische Teile der MÜ der BMW M 1000 RR.“

„Doch sportlich sollten wir die Leinen locker halten, ganz im Sinne der Aktiven und vor allem im Interesse der Zuschauer und Fans. Die wollen packenden und fairen Rennsport, wenn es sein muss, auch unter Marken- und Teamkollegen sehen. Politik hat auf dem Asphaltband zwischen den zwei weißen Linien nichts zu suchen, sondern nur ‚volle Esse‘.“

„Wir hätten dann mal einen spannenden Team Mix anzubieten: 
Mit Jan Ole Jähnig ein Talent, ohne Limits nach oben, mit Toni Finsterbusch Heavy Metal auf der Bremse und Ästhetik mit permanentem Podiumsanspruch und mit PAX die Fraktion ‚Weg da, ich muss hier durch‘. Wir hatten 2021 kein leichtes Lehrjahr, unser Gesellenjahr in der IDM 2022 brachte gute Noten, aber auch viele Fehlstunden. 2023 sollten man sich zumindest um die Meisterprüfung bewerben – Es stehen 7 Prüfungen an, wir werden gut vorbereitet sein.“

Patrick „Pax“ Hobelsberger
Ich habe mich umorientieren wollen und fahre dieses Jahr in der Supersport-Weltmeisterschaft auch die letzten beiden Übersee-Rennen nicht. Das Team Kallio und ich haben uns freundschaftlich geeinigt, dass wir getrennte Wege gehen. Ich brauche etwas Neues. Ich habe mich dieses Jahr drei Mal gleich verletzt am Ellbogen. Es sind ein paar Sachen passiert, wo ich nichts dafür kann. Daher hatte ich aber auch etwas Abstand vom Sport gebraucht – aber in der gleichen Sekunde auch schon wieder angefangen, neu zu planen und mich neu zu orientieren. Das Superbike-Ding hat mich schon immer interessiert, auch als ich IDM-Meister war, da habe ich immer die Superbikes verfolgt. Auch in der WM habe ich die WorldSBK immer angesehen und auf der Service-Road geschaut, was die Jungs da machen. Ich fahre ja erst seit fünf Jahren Motorrad, habe mit dem Yamaha-Cup 2017 angefangen und war direkt Vize-Meister. Fünf Jahre war ich jetzt auf 600er unterwegs – manche sagen, das ist ja nichts, aber für mich ist das die ganze Karriere. Ich wollte auf jeden Fall eine Superbike-BMW fahren und daher war Karsten meine erste Anlaufstelle. Ich bin von dem Konzept überzeugt, was BMW macht, ich habe Tommy Wagner als BMW-Händler als Sponsor. In Most hatte ich dieses Jahr schon mal kurz mit Karsten gequatscht und er war jetzt auch der erste, den ich angerufen habe und das Telefonat hat fast zwei Stunden gedauert. Dann habe ich auch gleich den Ronny Schlieder noch kennen lernen dürfen. Die beiden Jungs und ich sind auf einer Wellenlänge: Wenn die was machen, machen sie das zu 110 Prozent und so ticke ich auch,  weil wenn du es nur zu 99 Prozent machst, ist das absolute Zeitverschwendung. Im Winter werde ich wenigstens 25, 30 Tage in Spanien testen sein mit dem Superbike. Ziele? Na die sind sehr hoch gesteckt, aber ich habe ja auch richtig Bock drauf. Ich bekomme von Karsten auch ein Trainings-Bike, ein paar Teile sind vorbereitet schon. Die Jungs sind extremst motiviert und ich freue mich, wenn es schon im Jannuar los geht. Ich darf auch meinen Mechaniker Christoph mitbringen, weil er absolut der beste Mechaniker ist und er ist immer mit mir unterwegs. Ich glaub wir werden eine ziemlich geile Truppe werden.“

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